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Linguistik – Kontrastive Linguistik

Das Quellen- und Literaturverzeichnis zu dieser Seite finden Sie hier.

Aufgabe 1 von 1

Wer Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache studiert, sollte eine Vorstellung davon entwickeln, wie unterschiedlich die Sprachen der Welt sind (s. Blumenthal-Dramé/Kortmann 2013). Denn wenn Sie sich mit Sprachen beschäftigen, die ganz anders als das Deutsche funktionieren, können Sie besser verstehen, vor welchen Herausforderungen Ihre Lernenden stehen. So werden Sie im Vergleich mit Sprachen, die nicht zu den indo-europäischen Sprachen gehören, feststellen, wie ähnlich beispielsweise das Englische und das Französische dem Deutschen sind. Das hilft Ihnen, die Herausforderungen besser zu verstehen, vor denen Lernende des Deutschen als Zweit- oder Fremdsprache stehen. Im Bachelorstudiengang DaZ/DaF an der PH Freiburg spielt der Sprachvergleich daher in verschiedenen Veranstaltungen eine Rolle. Zudem lernen unsere Studierenden in den ersten beiden Semestern eine neue Fremdsprache, die sogenannte Kontrastsprache. Dabei wählen sie häufig eine ‚typische Migrantensprache‘.

Mit der folgenden Aufgabe möchten wir Ihnen zeigen, wie unterschiedlich Sprachen funktionieren. So lernen Sie eine klassische Unterscheidung von Sprachtypen kennen und sollen selbst als ‚Sprachforscher*in‘ tätig werden, indem Sie sich mit konkreten Beispielen auseinandersetzen.

Die klassische Sprachtypologie unterscheidet vier Sprachtypen (s. genauer Blumenthal-Dramé/Kortmann 2013: 302–305; Tekin 2012: 72–76; Sternemann 1983: 106–108):

  1. Isolierend: Jedes Wort besteht aus nur einer bedeutungstragenden Einheit (Morphem). Grammatische Beziehungen im Satz werden durch selbstständige Wörter oder durch Wortstellung angezeigt (s. Blumental-Dramé/Kortmann 2013: 304; Sternemann 1983: 106).
  2. Flektierend: Grammatische Kategorien werden durch Veränderungen der Wortstämme ausgedrückt und durch Anhängen von Endungen (grammatischen Morphemen). Ein Morphem kann mehrere grammatische Kategorien ausdrücken (s. Sternemann 1983: 107).
  3. Agglutinierend: Grammatische Kategorien werden durch das Anhängen von grammatischen Morphemen an unveränderliche Wortstämme ausgedrückt. Jedes Morphem drückt nur eine grammatische Kategorie aus (s. Blumenthal-Dramé/Kortmann 2013: 304; Sternemann 1983: 106f.).
  4. Polysynthetisch: Grammatische und lexikalische Elemente werden zu komplexen Wörtern zusammen- und ineinandergefügt. Im Extremfall kann so ein ganzer Satz in einem Wort ausgedrückt werden (s. Blumenthal-Dramé 2013: 305; Sternemann 1983: 107f.).

Bitte ordnen Sie den Beispielen den passenden Sprachtyp zu.

Ta chi fan le.
er essen Mahlzeit vergangen
Mandarin: ‚Er aß die Mahlzeit.‘[1]

my vidim ruk-u
wir sehen Hand-FEMININUM.SINGULAR.AKKUSATIV
Russisch: ,wir sehen eine/die Hand.‘[2]

araba-lar-ımız-da
Auto-PLURAL-POSSESSIVSUFFIX (1. Pers. Pl.)-LOKATIV
Türkisch: ‚in unseren Autos‘[3]

anigu-ga-ssa-junna-a-ngajal-luinnar-simassa-galuar-put
vermeid-PASSIV-PARTIZIP-FUTUR-sein-nicht.mehr-fast-tatsächlich-jedoch-3 PLUAL.INDIKATIV
Westgrönländisch: ‚Sie müssen wirklich fast unvermeidbar geworden sein.‘[4]

1

Isolierend

2

Flektierend

3

Agglutinierend

4

Polysynthetisch

Das Deutsche gehört zu den flektierenden Sprachen. Allerdings hat es auch Merkmale des isolierenden Sprachtyps. So werden beispielsweise Verben flektiert, um Vergangenheit auszudrücken (machen — machte — gemacht). Allerdings wird für die Bildung des Perfekts auch ein eigenes Wort genutzt (er hat gemacht).