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Retusche – Kriterien für unterschiedliche Formen der Retusche

Das Quellen- und Literaturverzeichnis zu dieser Seite finden Sie hier.

Aufgabe 1 von 1

WIE SETZT MAN RETUSCHE BEI DER RESTAURIERUNG VON KULTURGUT EIN?

Retuschen sind allgegenwärtig, ohne dass wir sie wahrnehmen: Fast jedes Werbefoto enthält wesentliche gestalterische Veränderungen, die das Bild in Richtung einer nichtexistierenden Realität nachträglich im Sinne der Werbung optimieren. Auch in der Restaurierung von Kulturgut ist die Retusche ein Kernthema, allerdings ist sie dort anders als in der Werbegrafik Teil einer wissenschaftlichen Tätigkeit. Geht man davon aus, dass Retusche an der Oberfläche eines Objekts vorgenommen wird, meist um eine Stelle, wo Farbe fehlt, zu ergänzen, und um die Wirkung des Objekts zu optimieren, so unterliegt diese Idee in der Restaurierung einigen Einschränkungen.

Retusche bezeichnet also Vorgänge, die die Oberfläche eines Objekts wieder etwas stärker an ein früheres Erscheinungsbild annähern, ein weniger geschädigtes (vgl. Kammel 2004). Dabei muss man wissen: Was für ein Objekt ist das? Wie wird es genutzt? Wird es erforscht? Ist es auch beschädigt noch ausreichend erkennbar? Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen bei der Retusche. Im Falle der Neutralretusche wird die Farbigkeit der Umgebung nur mittelwertig aufgenommen, und es werden keine Formen und Muster einfügt. Wird hingegen eine Vollretusche vorgenommen, werden die Farbigkeit sowie Formen der Umgebung ergänzt, was eine genaue Kenntnis der verlorenen Formen und Farben erfordert. Zwischenformen vermitteln zwischen Neutral- und Vollretusche, so etwa die Tratteggio-Retusche, bei der sich verschiedenfarbige Striche, wenn man sie aus der Ferne betrachtet, zu einer farblich einheitlich und passend farbigen Fläche zusammenfügen und Formen andeuten.

Die restauratorische Retusche darf also von einem Bild inhaltlich nichts wegnehmen und auch nichts hinzuerfinden.[1] Das heißt also, dass man bei einer gemalten Figur eine Hand, die durch Verlust der Malschicht nicht mehr vorhanden ist, nicht einfach „nachmalen“ kann. Man kann sie aber vielleicht andeuten? Oder sollte man nur einen neutralen Hintergrund anlegen?

Ordnen Sie den einzelnen Vorgehensweisen die jeweils passende Erklärung zu!

Man könnte das Bild so lassen wie es ist und keine Retusche durchführen, da eine Retusche eine große Veränderung am aktuellen Erscheinungsbild darstellt.

Man könnte nur einen neutralen Hintergrund ergänzen, um die Fehlstelle in den Hintergrund treten zu lassen, so dass sie optisch weniger auffällt (Neutralretusche).

Wenn man anhand von anderen noch erhaltenen Kopien genau einschätzen kann, wie die verloren gegangene Form ausgesehen hat, könnte man die fehlende Form andeuten, ohne jedes Detail wiederzugeben.

Von diesem Bild gibt es Fotos, also weiß man genau, wie die Form ausgesehen hat. Man kann die Form so weit wie möglich ergänzen, um den Gesamteindruck des Bildes wiederherzustellen (Vollretusche).

1

Bei dieser Vorgehensweise geht es darum, möglichst wenig in das Erscheinungsbild des Objekts einzugreifen.

2

Diese Variante ist ein häufig gewählter Kompromiss. Die Fehlstelle stört nicht mehr bei der Betrachtung des Bildes, mehr ist nicht nötig.

3

Vor allem bei großen Fehlstellen mit auffälligen Formen kann es wichtig sein, die fehlenden Linien wieder zu verbinden, um die Lesbarkeit wiederherzustellen.

4

Viele Details und sorgsame Abstimmung der Farben und Formen führen zu einem perfekten Kunstgenuss; es könnte sogar der Eindruck entstehen, dass es nie eine Fehlstelle gab.