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Systematische Theologie: Moraltheologie – Einführung

Moraltheologie (auch theologische Ethik genannt) ist die wissenschaftliche Reflexion auf die Frage nach dem guten Leben unter dem Anspruch des Evangeliums und dem Horizont des christlichen Glaubens. Dabei möchte die Moraltheologie eine vernunftbegründete Orientierung in strittigen Lebensfragen bieten. Somit zielt die Moraltheologie nicht auf eine christliche Sonderethik, sondern auf eine Ethik des authentischen Menschseins ab, die vernünftig begründet und daher prinzipiell von jedem Standpunkt aus einsehbar ist.

Das methodische Vorgehen der Moraltheologie ist induktiv und folgt einem Dreischritt:

  1. Um sich im Diskurs der verschiedenen Wissenschaften behaupten und ein vernunftbegründetes Urteil fällen zu können, ist die Moraltheologie zunächst auf die Erkenntnisse anderer Wissenschaftsdisziplinen, insbesondere der Humanwissenschaften angewiesen.
  2. Die einzelnen Erkenntnisse der Humanwissenschaften müssen in einem zweiten Schritt zu einem Gesamtbild des Menschen zusammengesetzt werden. Dies ist die integrierende Funktion der Anthropologie.
  3. In einem dritten Schritt stellt sich für die Moraltheologie nun die normative Frage der Ethik, d.h. die Frage danach, was im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt nun tatsächlich gelten soll bzw. als gut ausgewiesen werden kann. Dabei gilt es zu beachten, dass keine Argumentation am Nullpunkt ansetzt, sondern jede sich vielmehr in einem bestimmten weltanschaulichen Kontext vollzieht. Als Proprium der Moraltheologie fließt auf dieser Ebene der Sinnhorizont des christlichen Glaubens in die Entscheidungsfindung ein.

Im Hinblick auf dieses methodische Vorgehen der Moraltheologie hat das Zweite Vatikanische Konzil besonders die Bedeutung der Heiligen Schrift hervorgehoben: „Besondere Sorge soll auf die Vervollkommnung der Moraltheologie verwendet werden, deren wissenschaftliche Darlegung, durch die Lehre der Heiligen Schrift mehr genährt, die Erhabenheit der Berufung der Gläubigen in Christus sowie deren Verpflichtung erhellen soll, in Liebe für das Leben der Welt Frucht zu bringen.“ (Dekret Optatam totius Nr. 16)

Dabei gilt es zu beachten, dass die Heilige Schrift kein Handbuch der Moral ist, sondern vielmehr ein Zeugnis des Heilshandelns Gottes an den Menschen. Vor jedem moralischen Anspruch steht somit der Zuspruch Gottes an den Menschen. Damit bewahrt die Heilige Schrift als Zeugnis des Heils die Moral einerseits vor einer gesetzlichen Erstarrung und schafft andererseits einen besonderen motivationalen Beweggrund zum moralischen Handeln, indem sie den Menschen vor die Frage stellt, wie er seinerseits auf die Liebe bzw. den Zuspruch Gottes antworten kann.


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